Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Die vielen Demos, die in den letzten Wochen in vielen Städten stattgefunden haben, haben ein Ziel: Die Bäuerinnen und Bauern wollen aufrütteln. Sie wollen die Gesellschaft, aber noch viel mehr die Politik aufrütteln. Die Bäuerinnen und Bauern haben den Wunsch, klarzumachen, dass sie wertvolle Arbeit leisten. Sie verlangen Wertschätzung für ihre Arbeit. Dazu kann ich nur sagen: Sie haben recht. Ihnen gebührt Respekt für das, was sie jeden Tag tun, bei Wind und Wetter, teilweise ohne Urlaub, wenn sie Tiere halten. Dafür verdienen sie Respekt.
(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dirk Gaw (AfD))
Die Bäuerinnen und Bauern wissen auch, dass Veränderungen notwendig sind. Wir haben in Hessen einen landwirtschaftlichen Pakt mit 27 Verbänden geschlossen. Nur weil Herr Lotz nicht dauernd beteiligt und gefragt wird, heißt das nicht, dass die Betroffenen nicht beteiligt werden. Um die geht es ja eigentlich.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Lotz, man kann nicht in der Opposition sein und mitregieren wollen. Das funktioniert nicht.
(Zurufe SPD)
Wichtig ist, dass ich als Landwirtschaftsministerin mit dem Berufsstand diskutiere, die Bäuerinnen und Bauern beteilige. Meine Damen und Herren, ich tue das seit sechs Jahren, und zwar mit großer Freude, weil mir die Landwirtschaft in Hessen sehr am Herzen liegt.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)
Die Landwirtschaft ist im ländlichen Raum die entscheidende Stütze für gute Ernährung und für die Pflege der Kulturlandschaft. Frau Abg. Knell, ich finde, es ist eine Geringschätzung der Menschen im ländlichen Raum, wenn Sie behaupten, die dort lebenden Bürgerinnen und Bürger seien „ausgeliefert“. Die Menschen im ländlichen Raum haben einen eigenen Kopf, sie sind selbstständig, sie wissen, was sie tun, und sie wissen auch, wen sie wählen und an der Regierung sehen wollen.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller (Heidenrod) (Freie Demokraten): Dann hören Sie auf, ihnen zu sagen, was sie tun sollen! – Weitere Zurufe Freie Demokraten)
Diese Art der Diskussion sollten Sie wirklich lassen.
Vizepräsidentin Karin Müller: Erlauben Sie eine Zwischenfrage? – Ministerin Priska Hinz: Ja!
René Rock (Freie Demokraten): Frau Ministerin, wenn im ländlichen Raum alles so toll ist, warum haben die Bauern denn dann in Wiesbaden demonstriert? Haben sie das nicht verstanden?
(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt AfD)
Priska Hinz: Doch, das habe ich gerade gesagt. Ich habe gesagt, dass die Bäuerinnen und Bauern aufrütteln wollen, weil sie wissen wollen, wo heute und in Zukunft ihr Platz in der Gesellschaft ist, und weil sie darüber eine öffentliche, gesellschaftliche, politische Debatte führen wollen. Das ist auch richtig so, meine Damen und Herren.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe Freie Demokraten)
Ich habe den Bäuerinnen und Bauern zugesagt, dass ich mich mit ihnen und mit Vertretern von „Land schafft Verbindung“ im Ministerium treffen und die Diskussion weiterführen werde.
(Zuruf AfD: Das ist aber sehr nett von Ihnen!)
Auch andere Berufsgruppen und Berufsstände demonstrieren und wollen damit auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Das ist eine völlig legitime Geschichte. Ich diskutiere gern mit den Bauern über die Herausforderungen, die wir haben: den Klimawandel, den Artenschutz, die zunehmende Belastung des Wassers und des Bodens, den Wunsch der Gesellschaft nach mehr Tierwohl – –
Vizepräsidentin Karin Müller: Frau Staatsministerin, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage?
Priska Hinz: Ich würde jetzt gern fortfahren in meiner Rede. Am Ende können mir alle Fragen gestellt werden, falls noch etwas offen ist. Okay?
Die Gesellschaft will mehr Tierwohl, aber die Menschen wollen keine ordentlichen Preise dafür zahlen. Die Bauern machen wirklich viel mit; das merken wir in Hessen. Aber sie wollen auch wissen, wohin der Weg insgesamt gehen soll, und sie wollen von der Politik vor allen Dingen Planungssicherheit.
Da stehen wir in der Verantwortung: wir in der Regierung, die Koalitionsfraktionen, aber auch die anderen politischen Parteien. Im Bundesrat sind wir nämlich in den unterschiedlichsten Konstellationen, die es in den Ländern gibt, vertreten. Wir alle haben in der Landwirtschaft mitzubestimmen, und das ist nicht immer einfach. Wir versuchen in Hessen, die Mitwirkung und die Beteiligungsprozesse so zu organisieren, dass wir auf die Bedarfe der Bäuerinnen und Bauern eingehen. Wir schaffen einen Ausgleich für unvermeidbare Auflagen, und wir haben Anreizprogramme, die auch angenommen werden. Es ist nicht so, dass wir die Bauern zu bestimmten Dingen zwingen. Wir haben jetzt mit Landesmitteln das Programm „Vielfältige Ackerkulturen“ aufgelegt, um für die Ackerbaustrategie eine klimafreundliche Variante – mit Humusbildung – zu bekommen. Inzwischen wollen 1.000 Betriebe pro Jahr mitmachen. Das ist wirklich ein unglaublicher Erfolg.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch für die Förderung des ökologischen Landbaus werden zusätzliche Mittel in Anspruch genommen. Auch das machen die Landwirte, weil sie merken, dass der Markt vorhanden ist und die Bevölkerung diese Produkte gern abnimmt. Aber ich sage auch ganz klar: Da kann noch zugelegt werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen wissen, dass gute und gesunde regionale Lebensmittel nicht nur wertgeschätzt werden müssen, sondern dass sie ihren Wert und damit auch ihren Preis haben. Dann kann man nicht auf Billigimporte zurückgreifen. Ich glaube, wir müssen gemeinsam mit den Vertretern des Berufsstands überlegen, wie wir hier, auch mit der Marketinggesellschaft GUTES AUS HESSEN, weiterhin eine gute Werbung machen können, damit die Bürgerinnen und Bürger in Hessen stärker auf regionale Lebensmittel zurückgreifen.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
An einem Punkt will ich Ihnen deutlich machen, was für uns Beteiligung bedeutet: Wir werden jetzt zu dem Thema „Nachhaltige Landwirtschaft in Hessen“ eine Befragung starten. Das steht in unserem Koalitionsvertrag. Wir wollen diese Strategie aufstellen. Wir machen also eine Befragung.
Vizepräsidentin Karin Müller: Frau Ministerin, nur der Ordnung halber: Die Redezeit ist zu Ende.
Priska Hinz: Das sind die letzten drei Sätze. – Wir befragen nicht, wie es so schön hieß, die Funktionäre, sondern wir fragen alle Bäuerinnen und Bauern in ganz Hessen, was sie aus ihrer Sicht dazu beitragen können und wollen, wie sie sich das vorstellen und welche Rahmenbedingungen sie sich erhoffen. Das ist für mich ein spannender Beteiligungsprozess. Ich glaube, dass wir auf diesem Weg – organisierte Prozesse über den Landesagrarausschuss, Gespräche mit den Verbänden, aber auch die Beteiligung jeder einzelnen Bäuerin und jedes einzelnen Bauern – in Hessen, was die Landwirtschaftspolitik
der Zukunft betrifft, gut aufgestellt sind. Ihr gebührt Respekt. Das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen. Ich bedanke mich bei allen, die in der Landwirtschaft arbeiten, für die tagtäglich gute Arbeit, die die allermeisten für uns machen, damit wir gute Lebensmittel haben, an denen wir uns tagtäglich erfreuen können. – Herzlichen Dank.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)