Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Hessen ist das waldreichste aller Bundesländer. Der Wald ist uns Bürgerinnen und Bürgern sehr lieb. Der Wald ist wichtig als Erholungsraum, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, für den Klimaschutz und selbstverständlich auch als Rohstoffressource. Das verkennt niemand. All das ist richtig, und alles gehört zusammen. Man darf keinen dieser Punkte aus dem Blick verlieren.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)
Da diese Gründe alle so wichtig sind, müssen wir mit dem Wald vorausschauend umgehen. Sie alle wissen, das letzte Jahr war besonders schwierig. Wir hatten nicht nur den Sturm Friederike, sondern auch die Dürre, dann die Borkenkäferplage, die Rußrindenkrankheit und den Pilzbefall. Das alles stresst nicht nur die Bäume, sondern auch die Waldbesitzer und natürlich auch die Försterinnen und Förster, die den Wald teilweise gepflanzt haben und jeden Tag im Wald tätig sind. Für sie ist es natürlich ganz schwierig, mit diesen Krankheiten umzugehen und damit, dass viele Bäume umfallen, die sie ganz schnell aus dem Wald holen müssen. Auch wenn sie ganz schnell aus dem Wald geholt werden, sind sie trotzdem schon von Borkenkäfern befallen. Gegen die massiven Schäden gehen wir in unterschiedlicher Art und Weise vor. Es werden mehr Nasslager errichtet. Wir haben das Pilotverfahren mit neuen Harvesterköpfen etabliert, bei dem eine Entrindung stattfindet, damit die Borkenkäfernester sofort entfernt werden können. Trotzdem muss man konstatieren, dass es dem Wald derzeit nicht gut geht. Das hängt leider damit zusammen – auch das ist nüchtern zu sehen –, dass vor vielen Jahren teilweise nicht standortgerechte Bepflanzungen stattgefunden haben, sondern Monokulturen geschaffen wurden. Dann ist es natürlich so, dass, wenn da ein Sturm hineinfährt, die Bäume wirklich wie Streichhölzer umfallen. Das ist ein Riesenproblem.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir unterstützen die privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer mit 4,2 Millionen € durch die Sturmschadensrichtlinie Friederike, damit die Besitzer den Wald nachverjüngen, teilweise auch wieder bepflanzen können. Wir erarbeiten zudem gerade eine Extremwetterrichtlinie Wald, die so bald wie möglich in Kraft treten soll, um weitere Förderungen möglich zu machen.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage ausdrücklich, dass das Kartellverfahren mit der Notwendigkeit, jetzt die Holzvermarktung neu zu organisieren, wirklich ein zusätzliches Problem für die Waldbesitzer und auch für die Kommunen darstellt, die sich neu orientieren müssen. Hier werden wir natürlich ebenfalls zusätzliche Unterstützung bieten, auch durch Beratung und durch die Förderung von Holzvermarktungsorganisationen. Der entsprechende Gesetzentwurf wird bereits im Hessischen Landtag beraten. Meine Damen und Herren, ich befürchte aber, aufgrund des Klimawandels werden wir weitere schwierige Jahre vor uns haben. Deswegen haben wir im Rahmen des Klimaschutzplans beschlossen, dass wir Klimarisikokarten für den Wald erstellen, die darüber Auskunft geben, welche Baumarten zukünftig für welche Standorte besser geeignet sind. Wir brauchen mehr und vielfältigere Mischwälder. Aber wir sind auch vorangekommen. Wir haben den hessischen Staatswald nach FSC zertifiziert. Das bedeutet nicht, dass im hessischen Staatswald keine Bewirtschaftung mehr stattfindet, sondern dass eine noch bessere Bewirtschaftung stattfinden kann. Bei FSC heißt es ausdrücklich, dass wir mehr Mischwälder und standortangepasste Wälder brauchen. Das ist auch richtig. Die Klimarisikokarten werden auch von den Privatwaldbesitzern begrüßt. Ich glaube, insofern sind wir auf dem richtigen Weg.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da hier immer so getan wird, als wäre Hessen auf einem Weg, den kein anderes Bundesland mitgeht, lohnt sich ein Blick über die Landesgrenzen hinaus: Baden-Württemberg, Thüringen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Saarland
(Torsten Warnecke (SPD): Rheinland-Pfalz?)
– ja, auch Rheinland-Pfalz, so ist es –, sie alle sind FSC-zertifiziert. Zu weiten Teilen haben diese Länder auch ihre Naturwälder bereits ausgewiesen. Wir sind mitnichten das einzige Land, das so handelt. Ich sage Ihnen auch, warum.
(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja, wir haben 10 % des hessischen Staatswalds zur freien Entfaltung der Natur vorgesehen. Das entspricht übrigens – weil wir die 5 % erreichen wollen – der Biodiversitätsrichtlinie des Bundes, die die FDP, die damals noch mit in der Regierung war, mit beschlossen hat. So viel zu der Frage, wie viele Wendungen die FDP in der Politik eigentlich vollzieht.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Jürgen Lenders (Freie Demokraten))
Besonders bedrohte Arten und Arten, die sich an den Klimawandel angepasst haben, verändern und wandern müssen, profitieren davon. Es wird ein Biotopverbundnetz geben, in dem Wildkatzen besser wandern können und in dem es mehr Lebensraum für z. B. Schwarzspechte geben wird.
(Jürgen Lenders (Freie Demokraten): Warum haben wir denn einen Flickenteppich beim Biosphärenreservat?)
– Wir sind im Biosphärenreservat so weit, dass wir durch Flächentausch bereits eine große Anzahl Hektar als Naturwald ausgewiesen haben. Sie sollten sich einmal erkundigen, was wir die letzten Jahre gemacht haben.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Umgefallene und abgestorbene Bäume bleiben im Wald liegen und bieten natürlich Insekten, Flechten und Moosen eine Möglichkeit, sich auszubreiten. Das alles sind Arten, die wir sonst verlieren würden. Wenn Sie den Bericht des Internationalen Biodiversitätsrats gelesen hätten, wüssten Sie um den Artenschwund. Diesen gibt es im offenen Land, aber eben auch im Wald. Deswegen müssen wir unser Augenmerk durchaus auch auf den Wald richten.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)
Ich finde es immer total vergnüglich, wenn Herr Lotz wieder vorgeht und sagt, die Regierung habe hier etwas gemacht und die SPD vorher nicht gefragt, das sei alles ganz furchtbar. Ich kann nur sagen, eine Regierung ist dafür da, dass sie regiert.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU – Zuruf Jürgen Lenders (Freie Demokraten))
Ich verstehe ja, dass Sie sich total ärgern, dass Sie schon wieder nicht an der Regierung sind. Das kann ich total verstehen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber zu glauben, eine Regierung und die Verwaltung könnten bestimmte Entscheidungen nicht treffen, ist völlig falsch.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Da ist es wieder!)
Wir haben bei der Vorbereitung der Entscheidungen, z. B. bei der RiBeS, der Richtlinie für die Bewirtschaftung des Staatswaldes, ein Staatswaldforum eingerichtet. Daran waren über 40 Verbände breit beteiligt. In drei Foren haben wir alles diskutiert, anschließend gab es noch eine Verbändebeteiligung. Wir haben die Naturwaldflächen erst nach der Beteiligung der Verbände beschlossen und da, wo große Naturwälder eingerichtet werden, auch noch Regionalversammlungen in der Öffentlichkeit durchgeführt. Tun Sie also nicht so, als würden wir alles hinter verschlossenen Türen machen. Wir beteiligen die Verbände, aber am Ende treffen natürlich wir die Entscheidungen, weil wir auf der Grundlage von Beschlüssen des Parlaments dafür verantwortlich sind. Bislang haben wir uns an jeden Beschluss gehalten, den das hessische Parlament uns mitgegeben hat.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)
Ein letzter Satz: Auch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt wird eine neue Abteilung zum Thema Naturschutz und Naturwälder einrichten, weil das Thema nicht nur in der allgemeinen Öffentlichkeit, sondern auch in der Fachöffentlichkeit so wichtig geworden ist. Sie wird uns auf unserem weiteren Weg begleiten. Darüber freue ich mich sehr. Ich hoffe, dass wir den Wald als Erholungsraum, als Naturschutzraum, für den Klimaschutz und als Rohstofflieferant erhalten können. – Herzlichen Dank.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)